Technische Anforderungen an Elektroinstallationen für Ladeeinrichtungen
Bemessung
Wichtige Punkte für die Auslegung der Ladestromkreise zum Anschluss von Ladeeinrichtungen sind:
- der Leistungsbedarf abhängig von der jeweiligen Ladebetriebsart
- mögliche Gleichzeitigkeitsfaktoren mit Blick auf die Versorgung von Ladeeinrichtungen mit mehreren Anschlusspunkten
- der Spannungsfall unter Berücksichtigung der Leitungslängen, Leiterquerschnitte und der Gleichzeitigkeitsfaktoren
- notwendige Reduktionsfaktoren für Strombelastbarkeiten von Steckvorrichtungen, Schaltern und Schutzeinrichtungen aufgrund von Dauerstrombelastung
Leistungsbedarf und Gleichzeitigkeitsfaktor
Die feste Elektroinstallation ist für den sofortigen oder zukünftigen Anschluss von Ladeeinrichtungen so zu planen, dass sie für die gleichzeitig benötigte Leistung der zu versorgenden Ladepunkte ausgelegt ist.
Hierbei muss auch berücksichtigt werden, dass Ladeleistungen für die verschiedenen Arten der Fahrzeuge im Allgemeinen über einen längeren Zeitraum, das heißt über mehrere Stunden, in voller Höhe benötigt werden. Das erfordert die Bemessung aller elektrischen Betriebsmittel in den Ladestromkreisen – wie Schutzeinrichtungen, Leitungen, Steckvorrichtungen, Verbindungen und Anschlüsse für die Betriebsart „Dauerlast“. Darüber hinaus ist auch die Dauerstrombelastbarkeit (thermische Belastbarkeit) des Zählerplatzes zu beachten.
Ladeeinrichtungen erhalten prinzipiell einen eigenen Stromkreis. Ladeeinrichtungen mit einer Ladeleistung von mehr als 4,6 kW müssen 3-phasig angeschlossen werden. Damit sollen unsymmetrische Belastungen in den Niederspannungsverteilungsnetzen vermieden werden. Der Anschluss von Ladeeinrichtungen mit einer Gesamtnennleistung von mehr als 12 kW verlangt die vorherige Beurteilung und Zustimmung des Netzbetreibers. Darüber hinaus besteht eine grundsätzliche Anmeldepflicht von Ladeeinrichtungen beim zuständigen Netzbetreiber.
In der Planungsphase des Netzanschlusses ist die verfügbare elektrische Anschlussleistung des Gebäudes durch eine Elektrofachkraft oder einen Fachplaner Elektrotechnik zu überprüfen. Für die Dimensionierung, die nach DIN 18015–1 erfolgt, muss die Anschlussleistung aller im Gebäude vorhandenen elektrischen Verbraucher bekannt sein. Da jedoch davon ausgegangen werden kann, dass nicht alle Verbraucher gleichzeitig in Betrieb sind, wird der Netzanschluss in der Regel um einen gemäß DIN 18015–1 definierten Faktor kleiner ausgelegt. Dieser sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor liegt in Einfamilienhäusern bei etwa 0,4, in Wohnungen von Mehrfamilienhäusern bei etwa 0,6. Beispiel: Beträgt die Summe der Leistungen aller in einem Einfamilienhaus installierten Verbraucher z. B. 15 kW und setzt man einen Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,4 an, so müsste eine Gesamtanschlussleistung von mind. 6 kW vorgesehen werden.
Die Berücksichtigung einer Leistungsreserve für Ladestationen für Elektrofahrzeuge bei der Dimensionierung der Anschlussleistung eines Gebäudes war in der Vergangenheit unüblich. Daher ist die Gebäudeleistung oftmals nicht für einen weiteren großen Verbraucher, wie z. B. ein Elektroauto, ausgelegt. Im ungünstigen Fall kann es beim Laden daher zur Überlastung und damit zu Netzproblemen kommen.
Um die Ladeleistung zu begrenzen und Lastspitzen zu vermeiden, kann der Einsatz eines Lastmanagementsystems sinnvoll sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn mehrere Elektrofahrzeuge gleichzeitig geladen werden sollen. So kann der Gleichzeitigkeitsfaktor des Fahrzeugs, bzw. der Fahrzeuge, reduziert und die Überlastung von Elektroinstallationen und -leitungen verhindert werden.
Unbedingt separaten Stromkreis vorsehen!
Ist die Ladebetriebsart bei Errichtung des Ladestromkreises noch nicht festgelegt, muss ein separater 3-phasiger Stromkreis nach DIN 18015-1 für den Anschluss einer Ladeeinrichtung mit einer Strombelastbarkeit von 32 A (für 22 kW) vorgesehen werden.
Spannungsfall
Bei der Auslegung der Zuleitung zu einem Ladepunkt (z. B. Wallbox) ist der maximal auftretende Spannungsfall durch die Elektrofachkraft zu ermitteln. Die Empfehlungen in DIN 18015–1 und DIN VDE 0100–520 zum Spannungsfall sollten berücksichtigt werden. Dabei ist zu beachten, dass auch in der Verbindungsleitung zwischen Ladeeinrichtung und Fahrzeug ein Spannungsfall auftritt.
Die Auswahl eines größeren Leiterquerschnitts reduziert den Spannungsfall und trägt aufgrund der vergleichsweise langen Ladebetriebszeiten auch zur Steigerung der Energieeffizienz der elektrischen Anlage bei.
Schutzmaßnahmen
Überlast- und Kurzschlussschutz
Es wird empfohlen, für den Überlastschutz der Stromkreise zu den Ladepunkten Schutzeinrichtungen einzusetzen, die bereits bei einer geringen Überlast auslösen. Der Bemessungsstrom der Überstromschutzeinrichtung ist unter Berücksichtigung der niedrigsten Dauerstrombelastbarkeit aller Betriebsmittel des Ladestromkreises auszuwählen.
Schutz gegen elektrischen Schlag
Für den Schutz gegen elektrischen Schlag dürfen alle in DIN VDE 0100 genannten Maßnahmen für den Basis- und Fehlerschutz angewendet werden, sofern nicht aufgrund besonderer Umgebungsbedingungen oder Netzsysteme die Auswahl dieser Schutzmaßnahmen eingeschränkt ist.
Elektroinstallationsrohre bieten Flexibilität
Werden Kabel oder Leitungen für den Anschluss einer Ladeeinrichtung in Elektroinstallationsrohren („Leerrohre“) verlegt, können diese bei Leistungsanpassungen problemlos ausgetauscht werden.
Dauerbetrieb und reduzierter Ladestrom
Übliche 1-phasige Haushaltssteckdosen (Schutzkontaktsteckdosen) vertragen einen Dauerbetrieb von 16 A (3,7 kW) nicht. Bei länger andauerndem hohen Stromfluss über mehrere Stunden können sie sich stark erwärmen und unter ungünstigen Bedingungen einen Brand auslösen. Beim 1-phasigen Laden an einer Haushaltssteckdose wird die Ladeleistung üblicherweise auf 2,3 kW oder 2,8 kW begrenzt. Somit kann durch den reduzierten Ladestrom und der damit verbunden langen Ladezeit das 1-phasige Laden an einer Haushaltssteckdose lediglich als Notladung empfohlen werden.
Bild oben: Fehlerstrom-Schutzschalter Typ B mit Kenndaten
Bemessungsstrom: gemäß Strom des Ladepunktes
Bemessungsfehlerstrom: 30 mA
- Typ: vorzugsweise B (gleich-, wechselund pulsstromsensitiv)
- Polzahl: 2-polig für Einphasenwechselstrom, 4-polig für Dreiphasenwechselstrom
- Auslösung: kurzzeitverzögert
Zusätzlich ist nach DIN VDE 0100–722 jeder Ladepunkt unter dem Gesichtspunkt der Verfügbarkeit mit einem eigenen Fehlerstrom-Schutzschalter mit einem Bemessungsdifferenzstrom nicht größer als 30 mA zu schützen.
Falls der Ladepunkt mit einer Steckdose oder Fahrzeugkupplung nach DIN EN 62196 ausgestattet ist (betrifft alle Ladeeinrichtungen nach Betriebsart 3), müssen im versorgenden Stromkreis Schutzvorkehrungen gegen Gleichfehlerströme vorgesehen werden, es sei denn, diese sind in die Ladeeinrichtung (z. B. Ladesäule oder Wallbox) integriert.
Geeignete Schutzvorkehrungen für jeden Ladepunkt sind:
- Fehlerstrom-Schutzschalter Typ B oder
- Fehlerstrom-Schutzschalter Typ A in Verbindung mit einer geeigneten Einrichtung zur Abschaltung der Versorgung im Fall von Gleichfehlerströmen > 6 mA
Alternativ zu Fehlerstrom-Schutzschalter des Typs A können auch solche des Typs F eingesetzt werden. Diese erfassen zusätzlich Fehlerströme im Frequenzbereich bis 1 kHz, die beim Ladevorgang von E-Fahrzeugen durchaus auftreten können. Sie funktionieren bei maximalen Gleichfehlerströmen bis 10 mA zuverlässig.
Überspannungsschutz und Erdung
Ladeeinrichtungen sind durch die Auswirkungen von direkten und indirekten Blitzentladungen sowie netzbedingten Überspannungen gefährdet. Netzbedingte Spannungsspitzen, die z. B. durch Schalthandlungen oder Erd- und Kurzschlüsse auftreten können, haben defekte elektronische Bauteile und eine nicht funktionsfähige Ladesäule zur Folge. Sollten diese Überspannungen während eines Ladevorgangs auftreten, ist auch ein Schaden am Fahrzeug, bis hin zum Totalschaden, möglich.
Ist im Gebäude kein wirksamer Überspannungsschutz vorhanden, ist der Ladestromkreis mit entsprechenden Maßnahmen nach DIN VDE 0100–443 zu versehen, damit auch die Ladeeinrichtung gegen Auswirkungen von Überspannungen geschützt ist. Die hierfür notwendigen Schutzeinrichtungen sind von einer Elektrofachkraft gemäß DIN VDE 0100–534 zu installieren und müssen die Anforderungen des koordinierten Überspannungsschutzes erfüllen.
Dabei ist folgendes zu beachten:
Bei Gebäuden ohne Blitzschutz (Fallbeispiele a und b) ist zu beachten, dass am Speisepunkt als Mindestanforderung eine Überspannungsschutzeinrichtung SPD Typ 2 und bei Gebäuden mit Blitzschutz (Fallbeispiel d) ein SPD Typ 1+2 zu installieren sind.
Bei Leitungslängen größer 10 Meter wird ein zusätzlicher Überspannungsschutz Typ 2 an der Ladeeinrichtung zum Schutz von Ladeeinrichtung und Elektrofahrzeug empfohlen (Fallbeispiele b und c) bzw. im Fallbeispiel d ein Typ 1+2.
Der Einbau von Überspannungsschutzmaßnahmen erfolgt im vorgelagerten Stromkreisverteiler der Ladeinfrastruktur oder direkt in der Ladeeinrichtung. Für die Fallbeispiele a und b sind keine zusätzlichen Erdungsmaßnahmen an der Ladeeinrichtung notwendig.
Bei Ladeeinrichtungen mit Einspeisung über Nebengebäude (Garagen oder Carports) ist zu beachten:
Bei Fallbeispiel c (ohne äußeren Blitzschutz, keine öffentliche Ladeeinrichtung und keine zusätzliche Zählereinrichtung durch den Verteilungsnetzbetreiber) ist keine zusätzlich Erdungsanlage für die externe Ladeeinrichtung notwendig.
Bei Fallbeispiel d (mit äußerer Blitzschutzanlage) ist eine Erdungsmaßnahme für die externe Ladeeinrichtung nach DIN 18014 notwendig.
Bei Fallbeispiel e (öffentlich zugänglichen Ladeeinrichtungen – direkt an das öffentliche Niederspannungsnetz angeschlossen) ist eine Erdungsmaßnahme nach DIN 18014 und mindestens eine Überspannungsschutzeinrichtung SPD Typ 2 für die externe Ladeeinrichtung notwendig. Ist mit einer Blitzstrom-Beeinflussung zu rechnen, ist ein SPD Typ 1+2+3 zu empfehlen.
Schutz gegen äußere Einflüsse
Ladeeinrichtungen müssen für die an ihrem Installationsort vorliegenden Umgebungsbedingungen (z. B. Temperatur, Feuchtigkeit, Staub, mechanische Belastung) geeignet sein. Werden Anschlusspunkte im Freien installiert, müssen die Betriebsmittel zum Schutz gegen Spritzwasser sowie gegen das Eindringen von kleinen Fremdkörpern die Anforderungen der Schutzart IP 44 erfüllen. Es gelten die Anforderungen der DIN VDE 0100–722.
Montage der Ladeeinrichtung
Für die Montage der Ladeeinrichtung gelten die Vorgaben des jeweiligen Herstellers. Sind solche nicht vorhanden, wird empfohlen, als Anbringungshöhe einen Bereich von mindestens 1100 und maximal 1300 mm bezogen auf die Mitte des Ladepunktes (Ladesteckdose) über Oberkante Fertigfußboden (OKFF) zu wählen.
Bei der Montage von mehreren Ladeeinrichtungen (Wallboxen) in größeren Garagen oder auf größeren Parkplatzflächen muss die Zuordnung der jeweiligen Ladeeinrichtung zur vorgesehenen Parkplatzfläche eindeutig erkennbar sein. Ladeeinrichtungen sollen einen ausreichenden Abstand zu Seitenwänden haben, damit das Einstecken des Ladesteckers einfach möglich ist.
Gebäudeeinführung
Bauwerksdurchdringungen zur Durchführung von Kabeln und Rohren sind gas- und wasserdicht, ggf. druckwasserdicht auszuführen. Hierfür sind geeignete Systeme (Gebäudeeinführungen, Kabelabdichtungen, Rohrabdichtungen usw.) im Hinblick auf den zu durchdringenden Baukörper, den Lastfall, die durchzuführenden Kabel und Rohre zu verwenden. Die Vorgaben des Herstellers in Bezug auf eine bestimmungsgemäße Verwendung sind zu beachten. Für die sach- und fachgerechte Abdichtung von Durchdringungen kann die Anwenderregel VDE-AR-N 4223 (Bauwerksdurchdringungen und deren Abdichtung für erdverlegte Ver- und Entsorgungsleitungen) herangezogen werden.
Hinweis
Elektrofahrzeuge unterliegen der Konformität der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV), welche bei Verkauf bescheinigt wird. Dem Betreiber des Elektrofahrzeugs wird daher empfohlen, die Nachweise des Herstellers über das Einhalten der zulässigen Netzrückwirkungen und die Angaben zur EMV aufzubewahren.
Unbedingt vorhandene Elektroinstallation prüfen lassen!
Der E-CHECK sorgt für geprüfte Sicherheit
Bei der Anschaffung eines Elektroautos muss einiges beachtet werden, damit das Fahrzeug sicher und problemlos zu Hause geladen werden kann.
Der qualifizierte E-Mobilität Fachbetrieb der Elektroinnung bietet das nötige Fachwissen zur E-Mobilität und kann mittels E-CHECK E-Mobilität die elektrischen Voraussetzungen überprüfen und die nötige Infrastruktur installieren.